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Mode-Shopping im Ausnahmezustand

Modeshops und Outletcenter dürfen mit Einschränkungen ihre Filialen wieder öffnen. Wie ist die Stimmung? Wie reagieren die Kunden? Und wohin wird uns das noch führen?

Raus aus den Sorgen ist wohl keiner der Modehändler. Denn die Belastungen sind noch immer unübersehbar. Die Umsätze sind schnell und steil gefallen und zeigen wenig Anzeichen von Erholung. Die Shops sind zwar offen, doch die Käufer kommen nicht.

Mode ist derzeit nicht Top-Priorität

So ziemlich das einzige Accessoire, das derzeit gut geht: der Mundschutz. Könnte in Mengen verkauft werden, leider kann niemand liefern. Was sich schon abzeichnet: Der Mundschutz wird ein großes Mode-Thema werden, das auch die ersten Brands schon für sich entdeckt haben. Wenn wir schon unserer Gesicht nicht zeigen dürfen, muss wenigstens der Mundschutz was hermachen.

Ansonsten ist das Bedürfnis nach Mode stark reduziert. Vor allem, da es praktisch keinerlei öffentliche Veranstaltungen mehr gibt und die meisten gezwungenermaßen hauptsächlich zu Hause bleiben. Das hält den Wunsch nach einem neuen Outfit für Frühling oder Sommer in Grenzen.

Ein weiterer Faktor: Da viele in Kurzarbeit oder arbeitslos sind und auch die anderen nicht genau wissen, wie es weitergeht, tendieren die Menschen dazu, ihr Geld zusammenzuhalten und nicht auszugeben.

Aus Einkaufserlebnis wird Einkaufsabenteuer

Erlebnis-Einkauf momentan, das bedeutet Schlangestehen, im Laden Masken tragen, Handschuhe und Desinfektionsmitteln nutzen und Abstandsregeln einhalten.

Die Betreiber sind dafür verantwortlich, dass nur eine bestimmte Zahl an Personen in die Verkaufsräume kommen und viele weitere Vorschriften eingehalten werden. Sonst drohen Bussgelder. Wenn zur Überwachung der Einhaltung Personal abgestellt werden muss, bedeutet das eine weitere Belastung. Zudem sind nötige Umbauten nicht nur unschön – z.B. Niesschutzscheiben – sie bauen auch ungewollte Distanz zum Kunden auf.

Gute Beratung ist jetzt noch entscheidender

Empathisches Auftreten, das die soziale Distanz abbauen hilft, ist gefragt. Kunden gezielt beraten, mit Menschenkenntnis, Blick aufs Detail und guten Modekenntnissen die richtigen Stücke empfehlen und gleich die passende Größe heraussuchen: Das reduziert nicht nur unnötige Interaktion von Kunden mit der Ware – Stichwort Virenübertragung – sondern senkt auch das Risiko von Rückläufern.

Auch das Ambiente muss stimmig bleiben. Eine elegante Verkäuferin zwischen hochwertiger Kleidung, die ihr eigenes Outfit mit einem billigen weißen OP-Mundschutz beeinträchtigt? Warum nicht über attraktive Materialien und Farben, evtl. auch mit Unternehmenslogo nachdenken und in kleiner Auflage vor Ort produzieren lassen? Auch hier kann man ein Vorreiter für guten Stil sein.

Anprobieren – erlaubt oder nicht?

Anprobieren von Kleidung ist ein heikles Thema. Eine eigene kleine Recherche ergab, dass tatsächlich einige wenige Händler derzeit die Anprobe nicht gestatten. Begründung: Anschließend müssten Kleidungsstücke desinfiziert werden, was sie durch die verwendeten Desinfektionsmittel beschädigen kann.

Die meisten Shops erlauben dagegen die Anprobe. Dabei scheint sich als Best Practise folgendes Verfahren zu etablieren: Kleidungsstücke, die anprobiert, aber nicht gekauft wurden, kommen zunächst in „Quarantäne“. Dabei werden solche Stücke für 24 bis 48 Stunden vom sonstigen Sortiment getrennt zwischengelagert, bevor sie wieder in den Verkauf dürfen.

Viele Bekleidungsgeschäfte desinfizieren zudem täglich die Kleiderbügel, Stangen sowie Böden und Flächen der Verkaufsräume.

Wie lange überleben Viren auf Textilien?

Tatsächlich sind noch viele Fragen offen: Wie lange halten sich Viren auf Textilien, auf anderen Waren oder Kartons? Erfolgt eine Infektion auch über das Anprobieren von Bekleidung?

Forscher haben dazu noch keine eindeutige Antwort. Sowohl das Bundesinstitut für Risikobewertung als auch der Modeverband Deutschland geben Modegeschäften keine konkrete Handlungsempfehlung.

Insbesondere ist nicht eindeutig bekannt, wie lange der Erreger auf Textilien überlebt. Und der Ratschlag, Textilien bei mindestens 60 Grad in der Waschmaschine zu reinigen, um sicher zu sein, hilft Bekleidungsgeschäften nicht wirklich weiter.

Fragezeichen wirft auch das konkrete Verhalten in der Umkleidekabine auf. Kunden ziehen dort Masken aus, haben vorher vielleicht darunter geschwitzt. Einmal den Schweiß vom Gesicht wischen und schon hat man womöglich die Viren in der Umkleidekabine, an Ware und an Kleiderbügeln verteilt.

Auch für die Mitarbeiter eine unklare Situation. Die Angst ist somit ein ständiger Begleiter – sowohl für die Angestellten als auch für die achtsamen Kunden.

Team-Motivation ist Gold wert

Bei vielen Menschen liegen die Nerven blank. Zusätzlicher Stress belastet dadurch Team und Filalleitung. Da kommt alles zusammen – nicht nur die Verkaufszahlen müssen erreicht werden, es gilt auch, achtsam mit den Kunden umzugehen.

Da ist nicht nur soziale Kompetenz gefragt, sondern auch emotionale Intelligenz. Auch dem Verkaufsteam gegenüber.

Motivation ist derzeit nicht selbstverständlich. Viele sind genervt, frustriert, verängstigt. Manche melden sich einfach krank.

Das stellt besondere Anforderungen an die Filialleitung. Teams wollen Wertschätzung spüren und sind dankbar für transparente Kommunikation. Es werden nicht unbedingt klare Antworten erwartet – wer kann die derzeit schon geben – aber Verständnis und Zuhören sind momentan auch hoch angesehene Werte.

Die aktuelle Situation wird uns wohl noch eine Weile begleiten. Es sind solche Herausforderungen, die Teams zusammenschweißen und zu einer Gemeinschaft machen können.

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